«Meine Seele ist hier zu Hause»

Rosmarie Zuberbühler lebte schon vor der denkmalpflegerischen Instandsetzung in der Siedlung Espenhof Süd. Während der Bauzeit zog sie vorübergehend in den nördlichen Teil der SAW-Gründungssiedlung. Mit uns sprach sie über ihr Leben und über das Vorher und Nachher im Espenhof Süd.

«Es ist schön, wieder hier zu sein. Ich wohne schon seit elf Jahren im Espenhof Süd – mit Ausnahme der Monate von September 2019 bis Juni 2021, als die Siedlung renoviert wurde. Aber im Espenhof Nord war ich ja nicht weit von meinem alten und neuen Zuhause im Espenhof Süd entfernt.
Neu sind nun das Bad und die Küche, die einiges komfortabler sind als vor der Sanierung. Die Küche hat ihren altertümlichen Charme behalten. Sie sieht zwar ähnlich aus wie früher, aber Herd, Backofen und Kühlschrank sind viel moderner. Auch das Bad ist schön geworden und einiges grösser als früher. Notfalls könnte ich jetzt auch mit einem Rollstuhl unter die Dusche.

Seit 11 Jahren wohnt Rosmarie Zuberbühler in der SAW-Siedlung Espenhof. In ihrer neuen Küche fühlt sie sich wohl.

Ich bin 1944 in Zürich geboren. Mein Vater war Musiker. Er ist gestorben als ich elf Jahre alt war. Meine Mutter hat mich und meine zwei Jahre ältere Schwester alleine durchbringen müssen. Das war keine einfache Zeit. Später habe ich in verschiedenen Berufen gearbeitet: zuerst als Praxishilfe bei einem Zahnarzt, dann bei einem kleinen Filmverleih in Zürich, später bei einem grossen, den Warner Brothers.

Danach war ich eine Zeit lang im Abonnentendienst der Schweizer Familie tätig. Im Leben tut sich immer wieder ein Türchen auf und so eines führte mich in den 1980er-Jahren zum Steueramt der Stadt Zürich, wo ich fast 20 Jahre in der Inventarisation Todesfälle arbeitete. Da mussten wir beispielsweise abklären, ob nach einem Todesfall eine Erbschaftssteuer fällig wurde.

Mit sechzig konnte ich mich dank eines Angebots der Pensionskasse frühpensionieren lassen. Nicht nur, aber auch krankheitshalber: Seit zwölf Jahren habe ich einen Herzschrittmacher. Der funktioniert gut, jedenfalls spüre ich ihn gar nicht. Klar musste ich schauen, ob ich mir die Frühpensionierung überhaupt leisten konnte. Mit dem Vorbezug meiner AHV-Rente und der Pensionskasse kann ich gut leben.

«Einige meiner Nachbarn treffe ich regelmässig in den «agil&mobil»- Kursen der SAW»
Rosmarie Zuberbühler (78), Siedlung Espenhof Süd

Auf das Angebot der SAW bin ich gestossen, weil mir meine Wohnung an der Gertrudstrasse zu teuer wurde. Ausserdem überzeugte mich, dass die SAW eine eigene Spitex hat. «Da bist du gut versorgt, wenn du älter wirst und alleine bist, auch wenn es dir einmal nicht so gut geht», dachte ich mir. Ich musste dann aber noch drei Jahre warten, bis etwas frei wurde. Zuerst zögerte ich, denn es handelte sich um eine Parterre-Wohnung und ich war etwas ängstlich. Aber als ich sie besichtigen konnte, war mir sofort klar: «Die nehme ich!». Ich hatte einen grossen Gartensitzplatz, wo ich meine Rosen pflegte und Blumen pflanzte. Die kleinen Wohnungen im Espenhof gefallen ja nicht allen, aber ich habe mich hier sofort wohlgefühlt. Es mag pathetisch klingen, aber hier ist meine Seele zu Hause.

Auch die neue Wohnung von Rosmarie Zuberbühler verfügt über einen sonnigen Gartensitzplatz.
Auch die neue Wohnung von Rosmarie Zuberbühler verfügt über einen sonnigen Gartensitzplatz.
Innenansichten der denkmalpflegerisch instandgesetzten Wohnungen im Espenhof Süd: Die Küche.
Innenansichten der denkmalpflegerisch instandgesetzten Wohnungen im Espenhof Süd: Die Küche.
Innenansichten der denkmalpflegerisch instandgesetzten Wohnungen im Espenhof Süd: Dusche mit Haltegriffen.
Innenansichten der denkmalpflegerisch instandgesetzten Wohnungen im Espenhof Süd: Dusche mit Haltegriffen.
Innenansichten der denkmalpflegerisch instandgesetzten Wohnungen im Espenhof Süd: Das Entrée.
Innenansichten der denkmalpflegerisch instandgesetzten Wohnungen im Espenhof Süd: Das Entrée.
Innenansichten der denkmalpflegerisch instandgesetzten Wohnungen im Espenhof Süd: Der Wohnraum.
Innenansichten der denkmalpflegerisch instandgesetzten Wohnungen im Espenhof Süd: Der Wohnraum.

Die Spitex habe ich inzwischen auch schon gebraucht, für die Wundpflege nach einer Blinddarmoperation, und auch jetzt wieder, weil ich mir beim Umzug zwei Lendenwirbel gebrochen habe: Osteoporose. Die Spitex-Leute sind sehr nett, ich bin ihnen wirklich dankbar. Jetzt ist immer jemand dabei, wenn ich dusche, denn ich befürchte, dass ich stürzen könnte. Es ist Gott sei Dank noch nie etwas passiert: «Holz ahlange!». Ausserdem kommt die Hauswirtschaft und hilft mir alle zwei Wochen beim Putzen. Die Wäsche lasse ich auch von der SAW machen, obwohl es in der Siedlung gute Waschmaschinen gibt. Aber die Schweiz ist ja berühmt für die Streitereien um die Waschküchen, darauf kann ich gut verzichten.

Mir ist wichtig, dass ich mich in meine eigenen vier Wände zurückziehen kann, und gleichzeitig bin ich auch immer für einen kurzen Schwatz zu haben. Im Espenhof Süd hat sich ein Grüppchen gebildet, für das wir eine kleine Plauderecke mit Kissen und einem Tischchen eingerichtet hatten. Wegen der feuerpolizeilichen Vorschriften mussten wir es leider wieder räumen. Jetzt sind wir zu den Tischen und Sitzgelegenheiten umgezogen, die die SAW zur Verfügung stellt. Manchmal spielen wir auch Pingpong oder essen zusammen im Gemeinschaftsraum. Einige Nachbarn treffe ich in den «agil&mobil»-Kursen der SAW. Das Bewegungs- und Gedächtnistraining besuche ich seit Jahren regelmässig. Früher habe ich noch Nordic Walking gemacht und Aqua-Fit, aber seit Corona ist das alles nicht mehr möglich.

Spät erst habe ich die Musik für mich entdeckt: Vor ein paar Jahren habe ich mir ein E-Piano zugetan und in einem Gruppenkurs der Migros-Klubschule Klavierunterricht genommen. Sonst unternehme ich nicht mehr so viel. Ich schaue oft fern oder sitze am Computer. Da lese ich jeden Tag die Zeitung, mache Kreuzworträtsel und andere Spiele. Auch am Zoom-Meeting der SAW-Soziokultur habe ich teilgenommen. Das war faszinierend, weil man so auch Mieterinnen und Mieter aus anderen Siedlungen kennenlernen konnte. Ich erledige auch meine Bankgeschäfte online und kaufe Dinge, die ich mir liefern lasse. Oft findet man im Internet sehr günstige Angebote und die Lieferung per Post nimmt mir manchen beschwerlichen Gang in die Stadt ab, das schätze ich sehr.

Ich bin gut versorgt hier. Auch wenn ich nie eigene hatte, finde ich, Kinder sind keine Altersversicherung. Die sollen ihr eigenes Leben leben. Das will ich ja auch. Und hier im Espenhof Süd ist das möglich.