Eine Pioniertat,
die ihresgleichen sucht

Mit der Entwicklung eines neuen Vergabeprozesses für ihre Wohnungen hat die Stiftung Alterswohnungen der Stadt Zürich (SAW) eine Pionierleistung vollbracht. Ein Rückblick auf die vielfältigen Herausforderungen, die sie auf diesem Weg gemeistert hat.

Ein erster Versuch, das bisherige System – mit Wartefristen von bis zu 10 Jahren – zeitgemässer und fairer zu gestalten, stiess bei Senior*innen auf Widerstand. Der Entscheid der SAW, die Warteliste für ihre Wohnungen abzuschaffen und durch ein Lossystem zu ersetzen, schaffe keine soziale Gerechtigkeit. Vielmehr verhindere er minimale Planbarkeit und zwinge Senior*innen, sich mehrere Jahre wiederholt auf Wohnungen zu bewerben. Gefordert wurde eine Expert*innen-Gruppe, die in einem ergebnisoffenen Verfahren einen fairen Vergabeprozess für SAW-Wohnungen erarbeiten sollte. Betroffene, also wohnungssuchende Senior*innen, sollten in die Arbeiten einbezogen werden. Das war im Juni 2021.

Partizipativ zum neuen Prozess
November 2024: SAW-Direktorin Andrea Martin-Fischer trifft Dorothea Aeschbacher zur symbolischen Schlüsselübergabe. Frau Aeschbacher ist eine der ersten Mieter*innen, die den neuen Vergabeprozess für SAW-Wohnungen durchlaufen und die Zusage für eine Wohnung erhalten haben. Was ist zwischen Juni 2021 und November 2024 passiert?

Die SAW hat zugehört. Sie hat die Kritik und die Argumente der Senior*innen ernst genommen und 2022/2023 einen neuen Vergabeprozess für ihre Wohnungen erarbeitet. Ergebnisoffen, begleitet von einer Gruppe aus Fachpersonen aus dem Altersbereich und unter engem Einbezug Betroffener. Das Vorgehen hat sich bewährt. Im Herbst 2023 stellte die SAW den neuen Vergabeprozess einer breiten Öffentlichkeit vor. Die Resonanz: durchwegs positiv. Nur ein Jahr später, am 1. Oktober 2024, trat der Prozess in Kraft. Seither wickelt die SAW alle Wohnungsbewerbungen nach diesem Verfahren ab. Die Rückmeldungen der Zielgruppe: überwiegend positiv.

Die Umsetzung – eine Mammutaufgabe
Was sich einfach anhört, war für die SAW phasenweise eine regelrechte Mammutaufgabe: Der neue Prozess sollte über eine neue Online-Vermietungs-Seite abgewickelt werden. Eine technische Lösung, die den komplexen Vergabekriterien gerecht wurde, existierte am Markt jedoch nicht. Die SAW hat sie folglich von Grund auf neu entwickeln und programmieren lassen – von Anfang an und konsequent nutzer*innenzentriert. Das Ziel: Den Registrierungs- und Bewerbungsprozess so zu gestalten, dass er den spezifischen Bedürfnissen und Fähigkeiten der Zielgruppe entspricht. Dazu wurden Interviews mit wohnungssuchenden Senior*innen sowie verschiedene Testings mit Vertreter*innen der Zielgruppe durchgeführt.

Damit die Wohnungsvergabe trotz Online-Verfahren für alle Senior*innen einfach zugänglich ist, hat die SAW eine Hotline und ein Netzwerk mit stadtweit insgesamt 15 Anlaufstellen aufgebaut. Dort finden all jene niederschwellig Unterstützung, die beispielsweise keinen eigenen Computer haben, sich in der Online-Welt unsicher fühlen oder bei denen die Sprache ein Hindernis ist. 15 funktionierende Anlaufstellen plus eine Hotline aufbauen, das heisst: Kontakte knüpfen, das Anliegen erläutern, das Unterstützungspotenzial ausloten und die Kooperationsbedingungen klären. Und ganz wichtig: Es bedeutet, alle Mitarbeiter*innen zu schulen, die damit betraut sind, hilfesuchende Senior*innen bei der Online-Wohnungsbewerbung zu unterstützen.

Usability-Testings für den neuen Online-Bewerbungsprozess für SAW-Wohnungen. Bilder: Digi+
Usability-Testings für den neuen Online-Bewerbungsprozess für SAW-Wohnungen. Bilder: Digi+
Usability-Testings für den neuen Online-Bewerbungsprozess für SAW-Wohnungen. Bilder: Digi+
Usability-Testings für den neuen Online-Bewerbungsprozess für SAW-Wohnungen. Bilder: Digi+
Usability-Testings für den neuen Online-Bewerbungsprozess für SAW-Wohnungen. Bilder: Digi+
Usability-Testings für den neuen Online-Bewerbungsprozess für SAW-Wohnungen. Bilder: Digi+

Nicht zuletzt bedingte die Einführung des neuen Vergabeprozesses auch, die internen Abläufe und Zuständigkeiten neu zu definieren und die Mitarbeiter*innen auf ihre neuen Aufgaben vorzubereiten. Und nicht zu vergessen: Die regelmässige transparente Information der verschiedenen Anspruchsgruppen während des gesamten Entwicklungsprozesses. Einen besonderen Fokus legte die SAW dabei darauf, all jene Senior*innen sorgfältig zu informieren, die auf der Warteliste für SAW-Wohnungen standen.

Fazit: Es funktioniert
Mit der Entwicklung und Umsetzung ihres neuen Vergabeverfahrens hat die SAW eine Pionierleistung vollbracht. Sie ist schweizweit die erste Wohnbauträgerin, deren Online-Bewerbungstool nicht nur altersgerecht aufgebaut ist. Es gewichtet und berücksichtigt bei der Auswahl der Bewerber*innen zudem bestimmte Merkmale. Auch das breite und niederschwellig zugänglich Netzwerk an Anlaufstellen, welches die SAW als integralen Bestandteil ihres neuen Prozesses betrachtet, ist einzigartig.

Dass der neue Vergabeprozess hält, was die SAW den Senior*innen im Juni 2021 versprochen hat, zeigt das Beispiel von Frau Aeschbacher: «Easy» habe sie den Prozess gefunden, mit Unterstützung ihrer Nichte sei die Online-Bewerbung über die Vermietungs-Seite der SAW keine grosse Sache gewesen. Der neue Vergabeprozess sei zudem besser als die bisherige Warteliste. Man könne sich direkt selbst auf verschiedene Wohnungen bewerben und müsse nicht warten, bis man auf der Warteliste zuoberst angelangt sei. Das sei eine grosse Erleichterung.

Jetzt sind weitere gemeinnützige Wohnbauträger*innen gefordert: Gemeinsam mit der SAW haben sie einen klaren politischen Auftrag: Bis 2035 2’000 zusätzliche Alterswohnungen zu schaffen. So will es die Zürcher Stimmbevölkerung. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es nicht nur mehr Alterswohnungen, sondern auch altersfreundliche Vermietungsprozesse.

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